Gehirn in Spiellaune: Die kognitive Wirkung von Gamification
- Stefano Gampe
- 10. Aug.
- 3 Min. Lesezeit
Aktualisiert: 12. Sept.
Gamification hat sich längst vom Buzzword zur ernstzunehmenden Strategie in Bildung, Therapie und Arbeitswelt entwickelt. Im Projekt KomIn2Assist wird sie genutzt, um Menschen mit kognitiven Beeinträchtigungen beim Erwerb beruflicher Kompetenzen in der industriellen Montage zu unterstützen. Doch was geschieht dabei im Gehirn? Welche neurophysiologischen Mechanismen erklären, warum Gamification Motivation, Lernen und Aufmerksamkeit steigern kann?
1. Die dopaminerge Belohnungsschleife: Gamification als Antriebsmotor
Das menschliche Gehirn reagiert stark auf Belohnungen – insbesondere auf jene, die unerwartet oder spielerisch gestaltet sind. Zentrale Rolle spielt dabei das mesolimbische Dopaminsystem, insbesondere der Nucleus Accumbens, der als „Belohnungszentrum“ gilt (Bromberg-Martin et al., 2010). Spielelemente wie Punkte, Fortschrittsbalken oder Herausforderungen aktivieren dieses System und fördern die Ausschüttung von Dopamin – einem Neurotransmitter, der Lernen und Motivation unterstützt.
Im Kontext von KomIn2Assist bedeutet dies: Wenn eine Nutzerin oder Nutzer beim Zusammenbau eines Produkts durch ein positives akustisches oder visuelles Feedback (etwa durch ein „Level-Up“) belohnt wird, wird genau dieser neurophysiologische Kreislauf angesprochen. Das Resultat: Mehr Konzentration, Ausdauer und positiver Affekt gegenüber der Aufgabe.
2. Lernen durch Engagement: Gamification aktiviert das Arbeitsgedächtnis
Lernen ist nicht nur eine Frage der Wiederholung, sondern auch der Aufmerksamkeit. Gamifizierte Aufgaben steigern nachweislich die Aktivität im präfrontalen Cortex, insbesondere im dorsolateralen Bereich, der mit dem Arbeitsgedächtnis und der Planung komplexer Handlungen assoziiert wird (Kao et al., 2014).
Ein strukturierter, spielerischer Ablauf wie in KomIn2Assist – etwa der schrittweise Zusammenbau eines Produkts mit eingebauten „Mini-Erfolgen“ – fordert und fördert genau diese exekutiven Funktionen. Besonders bei Menschen mit kognitiven Einschränkungen kann diese kognitive Aktivierung helfen, Aufgaben strukturierter und selbstbewusster anzugehen.
3. Emotionale Einbindung: Der Hippocampus und die langfristige Gedächtnisbildung
Emotionale Erfahrungen werden intensiver im Langzeitgedächtnis verankert. Der Hippocampus, zuständig für deklaratives Lernen, arbeitet dabei eng mit der Amygdala zusammen – vor allem dann, wenn positive oder aufregende Emotionen involviert sind (McGaugh, 2004). Gamification erzeugt solche positiven Erlebnisse – vor allem durch Selbstwirksamkeitserfahrungen.
In KomIn2Assist erleben Werkstattbeschäftigte wiederholte Erfolgsmomente – etwa durch animierte Rückmeldungen, die ihnen signalisieren: „Du hast es geschafft!“ Diese Emotionen verstärken die Gedächtniskonsolidierung und erhöhen die Wahrscheinlichkeit, dass Gelerntes auch in anderen Kontexten anwendbar bleibt.
4. Selbstregulation und Flow: Neurophysiologische Grundlage intrinsischer Motivation
Gamification kann zu Flow-Zuständen führen – einem Zustand völliger Vertiefung und Vergnügens an einer Aufgabe. Studien zeigen, dass im Flow bestimmte Gehirnwellenmuster (z. B. synchronisierte Alpha- und Theta-Wellen) dominieren, verbunden mit reduzierter Aktivität im medialen präfrontalen Cortex (Dietrich, 2004). Dies bedeutet: Weniger selbstbezogenes Denken, mehr Fokus auf die Aufgabe.
Für Menschen mit Beeinträchtigungen kann das Eintauchen in eine klar strukturierte, unterstützende und gamifizierte Arbeitsumgebung bedeuten, Ängste und Überforderung zu reduzieren – ein Effekt, der nicht nur psychologisch, sondern auch neurophysiologisch messbar ist.
Fazit: Gamification als Brücke zwischen Gehirn, Lernen und Inklusion
Gamification ist kein bloßes „spielerisches Add-on“, sondern ein neurophysiologisch fundierter Ansatz, der zentrale Hirnareale für Motivation, Lernen und emotionale Verarbeitung aktiviert. Das Projekt KomIn2Assist nutzt diese Mechanismen gezielt, um inklusive Arbeitswelten zu gestalten – mit Systemen, die nicht nur funktional, sondern auch motivierend und unterstützend wirken. Damit wird das Gehirn nicht nur als Empfänger, sondern als aktiver Mitgestalter von Lernprozessen verstanden.
Literaturverzeichnis
Bromberg-Martin, E. S., Matsumoto, M., & Hikosaka, O. (2010). Dopamine in motivational control: Rewarding, aversive, and alerting. Neuron, 68(5), 815–834.
Kao, Y. C., Davis, E. S., & Gabrieli, J. D. (2014). Neural correlates of actual and predicted memory formation. Nature Neuroscience, 17(4), 507–512.
McGaugh, J. L. (2004). The amygdala modulates the consolidation of memories of emotionally arousing experiences. Annual Review of Neuroscience, 27, 1–28.
Dietrich, A. (2004). Neurocognitive mechanisms underlying the experience of flow. Consciousness and Cognition, 13(4), 746–761.




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